Autofahren im Winter. Mythen, und was ein Profi dazu meint.
ZURÜCK ZUR ÜBERSICHTDOTZ nimmt die aktuellen Wetterverhältnisse zum Anlass und hat sich bei Reini Sampl, Motorsportler und professioneller Fahrsicherheitstrainer, umgehört, was wirklich wichtig ist, und räumt mit den gängigsten Mythen zum Thema Autofahren im Winter auf. Im ersten Teil unserer Story zeigt Euch Reini anhand eines Bremstests wo die Gefahren bei winterlichen Fahrbedingungen lauern.
Aber alles der Reihe nach. DOTZ verbindet mit Reini Sampl eine jahrelange Freundschaft. Ob Videodreh, Fahrtests, Kunden-Events oder einfach nur ein gemütlicher Kaffeeplausch. Reini hat immer ein offenes Ohr, wenn wir uns bei ihm melden. So auch diesmal. Aber wer ist Reini überhaupt?
Der Vollblutsportler
Reini stammt aus dem Salzburger Lungau und begann seine sportliche Karriere bereits im zarten Alter von vier Jahren, indem er sein erstes Skirennen gewann. Der Skirennsport war viele Jahre später auch der Grund dafür, dass Reini nach einem schweren Skiunfall mit einer Querschnittslähmung diagnostiziert wurde. Schock. Nie wieder spazieren gehen, nie wieder Skifahren, nie wieder …
Als Vollblutsportler hatte Reini aber eines gelernt und verinnerlicht: Grenzen zu überwinden! Durch hartes, konsequentes Training und enorme Willenskraft schaffte Reini ein Comeback – ins Leben, aber für ihn fast noch wichtiger als Sportler. Rollstuhlbasketball, Monoskifahren, Handbiken und seit 2015 für Audi im Rally & Motorsport. Leistungssport ist Spitzensport, egal ob im Rollstuhl oder nicht.
Aber damit nicht genug, Reini gibt sein Wissen und seine Erfahrung weiter, und so kommt ihr in den Genuss einer top professionellen Anleitung, was man beim Autofahren auf Schnee und Eis beachten muss.
#winterautomythos1
Winterreifen? Bei uns gibt es doch sowieso nie Schnee. Sind Winterreifen notwendig?
Reini Sampl:
Definitiv. Wichtig ist der richtige Winterreifen auf der richtigen Felge zum jeweiligen Fahrzeug. Winterreifen sind definitiv das Mittel der Wahl, da die Gummimischungen von Sommerreifen ab einer Temperatur unter 8 Grad Celsius „hart“ werden und dadurch den Bremsweg verlängern – selbst, wenn die Fahrbahn trocken ist! Zu empfehlen sind bekannte Markenreifen. Hier gilt der Tipp vom Profi: Man bekommt, was man bezahlt.
Wie verhält es sich mit dem Bremsweg auf Schnee und Eis?
Auf Schnee und Eis hat man ungefähr nur ein Zehntel der Haftung im Vergleich zu trockenen Straßenverhältnissen. Das bedeutet, man muss die Geschwindigkeit anpassen. Winterreifen können nur eine Unterstützung bieten, denn der Untergrund passt sich nicht der Geschwindigkeit an, sondern das Gegenteil ist der Fall. Der Autofahrer muss sich den Verhältnissen und dem Untergrund anpassen. Fährt man 20 km/h schneller als erlaubt, ergibt das annähernd den doppelten Bremsweg. Darum runter vom Gas!
Reicht es nicht, wenn ich im Winter mit einem niedrigeren Reifendruck fahre, um besseren Grip zu haben?
NEIN. Das trifft eher für den Bereich Offroad zu, aber nicht für Fahren auf Schnee und Eis. Grundsätzlich gilt es, die Angaben der Reifenhersteller in Zusammenhang mit dem jeweiligen Fahrzeug genau zu beachten und einzuhalten. Zusätzlich würden bei geringerem Luftdruck im Reifen der Abrollwiderstand und somit der Spritverbrauch steigen, was einen höheren CO2-Ausstoß zur Folge hat. Zu niedriger Reifenluftdruck führt über einen längeren Zeitraum auch zu einem Sicherheitsproblem, da es die Reifenseitenwände massiv belastet. Das Ergebnis ist ein schnellerer Verschleiß und im schlimmsten Falle ein defekter Reifen.
#winterautomythos2
SUV sind besser im Schnee - Wie verhalte ich mich mit einem All Rad getriebenen Fahrzeug, wenn ich ins Rutschen komme? Wie erhalte ich die Kontrolle zurück? Spielen die Reifen eine andere Rolle bei 4WD im Vergleich zu 2WD?
Reini Sampl:
SUV sind in der Regel Fahrzeuge mit einer höheren Bodenfreiheit, was gleichzeitig einen höheren Schwerpunkt mit sich bringt. Egal ob zwei oder vier Räder angetrieben sind, der Kontakt zur Fahrbahn sind vier handtellergroße Flächen. Beide Antriebskonzepte sind gleich zu stellen. Eine Eisplatte macht keinen Unterschied beim Fahrzeug und kann auch einem ALLRAD getriebenen Auto schnell zum Verhängnis werden Wichtig ist es, sich gemäß den Straßenverhältnissen zu verhalten, die Geschwindigkeit anzupassen und diese zu verringern und vorausschauend zu fahren.
#winterautomythos3
Mit ABS kann man auch bei Schnee wie gewohnt bremsen. Beeinflusst das ABS das Lenkverhalten bei Schnee & Eis?
Reini Sampl:
Das ABS (Antiblockiersystem) dient wie der Name schon sagt dazu, dass die Räder beim Bremsen nicht blockieren. Dadurch bleibt das Auto auch bei Vollbremsungen lenkbar. Das bedeutet bei einem Hindernis umgehend die Geschwindigkeit verringern, sprich weg vom Gas und die Geschwindigkeit durch Bremsen reduzieren. Eine glatte Straßenoberfläche kann das System auch „verwirren“ und somit wird der Bremsweg erheblich länger.
Zum Werdegang von Reini Sampl:
Was war der Auslöser, dass Du Fahrtechniktrainer wurdest?
Als Motorsportler fährt man zwar schnell, aber auch sicher. Im Motorsport bewegt man sich immer im high-end-Bereich und bringt somit das Material bis an die Grenzen des machbaren. Aus dem Motorsport kommend, möchte ich diese Erfahrungen gerne teilen und „normalen“ Autofahrern zeigen, wie man sich in unterschiedlichen Situationen richtig und sicher verhält.
Wie wird man „Fahrtechniktrainer“?
Es gibt keine eigene Ausbildung dafür. Das Wissen habe ich mir durch viele Jahre im Motorsport angeeignet. Meine Kurse sind für Autofahrer, die bereits eine gewisse Erfahrung besitzen und die Fahrtechnik ausfeilen und verbessern möchten. Jeder Fahranfänger ist aber jederzeit herzlich willkommen.
Wie hat sich die Lehrmeinung in Bezug auf Winterfahrtraining verändert?
Dadurch, dass die Autos immer moderner werden und mit vielen Hilfsmittel ausgestattet sind, glauben wir gute Autofahrer zu sein. In Wirklichkeit hilft uns das Auto mit den Sicherheitseinrichtungen unsere eigenen Fehler auszugleichen. Eine Fehleinschätzung des eigenen Könnens ist das Ergebnis. Darum bieten Fahrtechniktrainings eine gute Möglichkeit Extremsituationen in einem sicheren Umfeld zu üben. Der vielfach verwendete Spruch – Übung macht den Meister – kommt gerade beim Fahrtraining zur Geltung, denn wenn man sich in einer Gefahrensituation befindet, bleibt keine Zeit zu überlegen, wie man richtig reagiert. Nur wer sich solchen Situationen aussetzt und diese übt, kann die Erfahrung „abrufen“ und richtig reagieren und dadurch Unfalle hoffentlich verhindern.
Fortsetzung folgt
Hättet Ihr das so gemacht wie der Profi? Im zweiten Teil unserer Story zeigt Euch Reini das korrekte Ausweichmanöver auf Schnee & Eis. Also stay tuned.